
Das alte Haus in der Dorfstraße 67 mit dem bronzenen „Paar“ von Simone Urbanke
ist wohl eines der am meisten fotografierten Objekte im ART-Dorf in Ötlingen.
Auch den beiden K6-Fotografen Günter Schoch und Hanspeter Weiß hat es dieses
Haus und seine Geschichte angetan. Der große Wunsch, in dem seit 1982
unbewohnten Haus mal nach Fotomotiven „stöbern“ zu dürfen, ging im April 2015 in
Erfüllung. Der Hausherr Günther Kessler wollte noch vor dem Abriss des baufälligen
Hauses einige Erinnerungen festhalten. So kamen die drei noch rechtzeitig
zusammen.
Stets die einsturzgefährdeten Decken und Balken im Blick konnten die Fotografen
dennoch zahlreiche Winkel des Hauses und noch mehr interessante Details an
Einrichtungsgegenständen in Bildern festhalten.
Bis zum Schluss gab ein ungewöhnliches gelb-rotes Möbelstück im Flur des
Obergeschosses Rätsel auf. Vermutlich ein alter Waschtisch. Auch eine der letzten
Bewohnerinnen, Frau Sachs, konnte es nicht lösen. Ebenso rankt sich ein Geheimnis
um einen großen Berg sehr alter Schuhe, die auf der ersten Etage des zweistöckigen
Speichers gefunden wurden. Keiner weiß, woher sie kamen, wer sie trug und wer sie
hier abgelegt hat. Auch das alte klavierähnliche Instrument – evtl. ein Cembalo –
fand das Interesse der Fotografen ebenso wie die Schlafstube der Ida Güthlin, die
hier bis im Jahr 1982 gelebt hat.
Seither stand das alte Haus leer und hätte uns sicher noch so viele interessante
Geschichten erzählen können. Schließlich war es bis in die zwanziger Jahre des
letzten Jahrhunderts das „Gasthaus zum Weinberg“. Der heutige Besitzer Günther
Kessler hat als ehemaliger Nachbarbub der alten etwas introvertierten Ida Güthlin
seine Kindheitserinnerungen an die alte Dame und das betagte Haus, das vermutlich
um 1723 gebaut wurde.
Die erfolgreiche Zusammenarbeit der K6-Fotografen mit den Eigentümern, der
Familie Kessler, wurde schließlich noch mit einem „Letzten Glas im Gasthaus zum
Weinberg“ begossen. Am letzten Abend, bevor der Bagger anrückte, das alte
Gemäuer bis auf die Restmauer des Erdgeschosses abtrug.
Auch diesen letzten Tag des „Weinberg“ hat Günter Schoch noch mit seiner Kamera
begleitet. So konnte aus insgesamt etwa 160 Aufnahmen ein eindrückliches
Fotobuch gestaltet werden, das den Kesslers die Erinnerung an das „Gasthaus zum
Weinberg“ wach hält. Es trägt den Titel „Ein letztes Glas im Gasthaus zum
Weinberg“.